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Wenn Mac-Anwendungen sprechen könnten

„Na, auch schon ausgeschlafen?“ höhnt Bitrix, das interne Kommunikationssystem der lauterbach kreativbetreuung e. K. die Praktikantin an. „Du hast heute einen Termin und noch 12 Aufgaben, an denen du arbeitest, das ist dir hoffentlich bewusst!“
Lena antwortet mit einem genervten Blick und klickt auf ‚Arbeitstag beginnen‘.
Nein, um 9 Uhr morgens ist sie wirklich noch nicht ganz wach. Aber muss Bitrix sie wirklich jeden Tag damit ärgern? Sie gähnt. Prompt ertönt ein Kichern aus den Lautsprechern ihres Computers. „Ja, ja, lach nur.“, murmelt sie und steht auf um sich einen Kaffee zu machen.

Zurück am Arbeitsplatz versucht sie den selbst erstellten Social Media Plan zu öffnen. Ein Klick und „Au!“ quiekt der Ordner. Neuer Versuch. „Au au au!“ – „Was ist denn los?“, hakt die Praktikantin nach. „Du musst noch das Serverpasswort eingeben, du Dussel!“, ruft der Ordner ihr zu. „’Tschuldigung“, gibt sie zurück, „kein Grund beleidigend zu werden.“
Ein Blick auf den Plan und los: Als erstes ruft sie Facebook auf, um ein paar Bilder für die Agentur hochzuladen. „Guuuuten Mooooorgen!“, singt Facebook ihr entgegen, gut gelaunt wie immer. ‚Endlich mal jemand Nettes‘, denkt sich Lena und grüßt zurück. „Was darf’s sein, Darling? Posting, Album, Video?“ – „Album bitte!“ und ein paar Klicks später ist es auch schon fast fertig. Bei einem kleinen Plausch mit dem sozialen Netzwerk erfährt sie auch gleich alle Neuigkeiten ihrer Freunde. Gleichzeitig erstellt sie ein paar letzte Verlinkungen. „Das ist aber hübsch geworden!“, freut sich Facebook und Lena muss zustimmen. „Bis dann!“ verabschiedet sie sich und loggt sich wieder aus.

Sogleich erscheint das arrogante Photoshop. „Hey, keine Begrüßung heute?“, fragt sie neckisch. „Puh, mal sehen… Servus? Sagt man das nicht so bei euch in Bayern?“ – „Haha ja, aber wenn du das machst klingt das irgendwie falsch.“ – „Na dann, Aloha?“ – „Lassen wir das lieber, ich hab’s nämlich eilig.“ – „Ist mir nur recht.“, sagte Photoshop und wurde still, doch Lena wusste, dass die Ruhe nicht lange anhalten würde. Gerade als sie ein paar Korrekturen einfügen will, meldet es sich auch schon wieder zu Wort: „Du musst die Ebene erst duplizieren!“. „Naja, ich habe nicht viel Zeit und brauche das Bild sowieso nicht noch einmal.“, gibt sie zögernd zurück. „Du musst aber! Musst, musst, musst!“. Natürlich hört sie nicht auf den Ratschlag und fährt mit ihrer Bildbearbeitung fort. Plötzlich stellt sie fest, dass ein Teil des Bildes fehlt. Sie sucht die Ebene und – oh nein – erinnert sich, dass sie kein Duplikat angelegt hat. „Hab’s dir gleich gesagt!“ – „Sehr witzig, du machst sicher nie Fehler“, hielt sie dagegen. „Nein! Aber wenn doch, dann passiert das immer grundlos und niemand weiß wieso!“.
‚Wie kann etwas so Nützliches so aufmüpfig sein?‘ ,überlegt Lena. Ein paar mehr Kopierstempel und ihr Werk ist beendet. Sofort lädt sie es hoch. Instagram war eigentlich nie sehr gesprächig und so verlief wenigstens diese Begegnung mit einer Anwendung ohne weitere Zwischenfälle.

Als letztes möchte sie für einen Kunden neue Flyer mit InDesign entwerfen. Schon beim Anklicken des Icons überkommt sie ein mulmiges Gefühl. InDesign war ziemlich kritisch und oft auch ein wenig paranoid. „Du hast keine Achsen, es wird alles krumm und schief!“, „Diese Farbe hasst der Kunde!“ oder „Wenn du jetzt noch einen einzigen Buchstaben eintippst, wird die ganze Seite unwiderruflich verschoben!“, gehörten zu den Standardaussagen. Einmal hatte es sogar versucht ihr einzureden, dass der Name des Kunden im Logo falsch geschrieben war. Gerade als das kleine pinke Ladefenster erscheint, hört Lena etwas…

Piep-Piep-Piep-Piep

Schweißgebadet wachte sie auf. Es war ein Traum, beruhigte sie sich selbst.
Sie stand auf und spazierte zu ihrer Praktikumsstelle. Dort angekommen schaltete sie wie jeden Tag den Computer an und machte sich auf den Weg zur Kaffeemaschine.
Zurück am Mac hielt sie unauffällig ein Ohr an den Lautsprecher.

Alles ruhig – bis jetzt.

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